Der 30. März 2021, ein sonniger Tag in Deutschland. Blauer Himmel, sommerliche Temperaturen, ein Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Über 20 Grad wurde es an diesem Tag, doch an einem Ort in Mecklenburg-Vorpommern war es so heiß wie in der Hölle.

Eine Hölle, in der an diesem Tag über 57.000 Schweine bei lebendigem Leibe verbrannten, erstickten oder erschlagen wurden. Europas größte Schweinezuchtanlage brennt lichterloh. Eine pechschwarze Rauchwolke steht im krassen Kontrast zum blauen Himmel.

Diese Anlage, genehmigt, gefördert, gebaut und betrieben von Täterinnen und Tätern in Politik, Verwaltung und Tierindustrie, wird an diesem Tag zu einem fürchterlichen Massengrab.

Bis zu diesem Tag hatte die Schweinezuchtanlage schon mehrfach in den Schlagzeilen gestanden. Selbst ein Verwaltungsverfahren gegen die Genehmigung war und ist am zuständigen Verwaltungsgericht anhängig. Aber nach guter deutscher Manier werden solche Verfahren zum Tierschutz gerne ausgesessen. Oder kommen erst gar nicht zur Verhandlung. Wie auch jetzt, denn scheinbar gibt es keine Täter, keine Beweise und keinen ausreichenden Grund, gegen all diejenigen vorzugehen, die diesen Brand mit verursacht hatten. Durch aktives Tun, Wegschauen oder Dulden.

Wir hatten nach dem entsetzlichen Brand Anzeige gegen die Betreiber, die Genehmiger, Befürworter und Profiteure der Anlage sowie gegen die eigentlichen Täter eingereicht. In der stillen Hoffnung, dass die Tiere nicht umsonst gelitten und gestorben sind. In der Hoffnung, dass aus Alt Tellin tatsächlich das Fukushima der Tierindustrie würde.

Doch in Zeiten von Corona war der Brand nicht einmal für die Tagesschau und die heute Nachrichten relevant. Und die allerwenigsten Bundesbürger können auch heute mit dem Namen Alt Tellin überhaupt etwas anfangen. Die verbrannten Schweine, längst als Sondermüll entsorgt, sind vergessen.

Und so kündigte die zuständige Staatsanwaltschaft Stralsund bereits im letzten Jahr an, dass sie das Verfahren wegen Brandstiftung mangels konkreter Beweise einstellen wird. Auch hierzu gab es kein Medienecho und keinen Aufschrei der Entrüstung, denn inzwischen sind der Ukraine-Krieg, die Energie- und Inflationskrise die alles beherrschenden Themen in diesem Land. Einem Land, dessen Bürger und Politiker sich gerne als Tierschützer und Klimaretter sehen. Doch sieht man hinter die Fassade von markigen Sprüchen, Sonntagsreden und geschönten Statistiken, sieht es um die Tierliebe der Deutschen so düster aus wie einst der Himmel über Alt Tellin.

Seit dem Wochenende liegt unserem Verein die Begründung der Staatsanwaltschaft vor, weswegen das Verfahren nun nach § 170 StPo eingestellt wurde. Einige Wochen vor dem zweiten Jahrestag einer Katastrophe, die in einem Rechtsstaat so niemals hätte passieren dürfen. In dieser Begründung kommt die Staatsanwältin zu dem Schluss, dass die Beweislage für eine Brandstiftung nicht stichhaltig genug war. Es ließ sich schlichtweg nicht feststellen, wie das Feuer ausgebrochen war. Die Zündquelle war nicht zu ermitteln. So ein Pech.

Unsere Hoffnung, dass aber wenigstens Genehmigungsbehörden, Politiker und Betreiber ins Visier genommen werden würden, wurde durch die Staatsanwaltschaft ebenso enttäuscht. Keinem der beteiligten Menschen konnte ein „vorsätzlicher Verstoß“ gegen das Tierschutzgesetz nachgewiesen werden. Auch nicht dem Sachverständigen, der das Brandschutzgutachten im Genehmigungsverfahren der Anlage im wahrsten Sinne verbrochen hat. Vorsatz bedeutet in diesem Fall: Die Täter müssen es so gewollt haben. Fahrlässigkeit, Geldgier und Vetternwirtschaft zählen dabei nicht. Nochmal „Schwein gehabt“, liebe Tätergemeinschaft Alt Tellin.

Schweineleben sind in diesem Land ohnehin entbehrlich. Massenweise produziert, weggesperrt, erschlagen, erstickt, verbrannt, verhungert oder bei vollem Bewusstsein die Kehle aufschneiden: alles vernünftig und nach unserem Tierwohlgesetz nicht zu beanstanden. Ein Gesetz, das mit Tierschutz nichts zu tun hat. Und niemals hatte. Geschrieben und verabschiedet von Politiker:innen einer Gesellschaft, die als kollektive Fleischesser:innen sich im Geiste als die liebsten Tierfreunde der Welt wähnen.

Alle Beteiligten rund um die Schweinezuchtanlage Alt Tellin sind also weiterhin auf freiem Fuß. Werden niemals für den massenhaften Tod der Tiere belangt. Und nach der Einstellung des Verfahrens bringt sich die LFD in einer unfassbaren Geschmacklosigkeit als Heilsbringer für die „arme Gemeinde“ in diesem Landstrich in Stellung. Jetzt wollen sie nicht nur billige und entbehrliche Schweine produzieren, sondern gleich den billigen Öko-Strom mitliefern. Mit denen die Gemeinde dann in Zeiten der Energiekrise gleich doppelt profitieren kann. Und die Bürger das billige Schweinefleisch auf dem Elektroherd und Elektrogrill effizient grillen können.

Der Himmel von Alt Tellin, der wird für die Aktivisten, Mitglieder und Gründer von Schweineleben e. V. jedoch für immer schwarz bleiben. Wir werden auch weiterhin der Schweine gedenken, für die Schweine und anderen „Ausnutztiere“ in Deutschland die Stimme erheben. Alt Tellin und die Verbrecher niemals vergessen.

Und Du?