Das Wildschwein

Frischling

Wildschwein gefunden - was ist zu tun?

Fundtiere?!

In den ersten Wochen und Monaten des Frischlings-Daseins kommt es immer wieder vor, dass eines der abenteuerlustigen Schweinekinder in den Weiten der Wälder und Wiesen abhandenkommt und nicht mehr direkt zurück zur Rotte findet.
Frischlinge, die sich verlaufen haben, finden meist nach einiger Zeit zurück. Hilfreich dabei ist ihr hervorragender Geruchs-, Gehörsinn und die Ruflaute.

Es könnte auch sein, dass sich die Bache ganz in der Nähe aufhält.

So verständlich es ist, beim Anblick dieses kleinen Wesens in Verzückung zu geraten und es beschützen zu wollen – bitte NICHT einfangen. Das gilt auch für andere junge Wildtiere.

Ist die Muttersau in der Nähe, wird sie bei einem Versuch den Frischling zu fangen, den Menschen als potenzielle Bedrohung ansehen und entsprechend reagieren, um den Frischling mit allen Mitteln zu verteidigen.
Bei anderen Wildtieren werden die Tiermütter erst gar nicht mehr zu den Jungen hingehen, wenn Menschen in der Nähe sind.

Die jungen Wildschweine sind es gewohnt, von ihrer Mutter zeitweilig allein gelassen zu werden. Sie halten Kontakt durch Ruflaute. Bitte auch nicht streicheln, denn der menschliche Geruch, könnte die Bache dazu veranlassen, ihre Jungen zu verstoßen. Daher Hände weg von den Frischlingen!

Richtig ist: Wenn man nicht sicher ist, ob der Frischling nur auf seine Mutter wartet oder wirklich ein Waisenkind ist, dann auf Nummer sicher gehen und den Fundort aus sicherer Entfernung zumindest einen ganzen Tag lang beobachten. Erst dann darf man davon ausgehen, dass das Jungtier allein oder verstoßen, verwaist ist.

Bache mit Frischlingen im Wald
Wildschwein Frischling 3 Wochen alt

 

 

Das Naturschutzgesetz verbietet uns, Wildtiere aus der Natur zu entfernen. Laut Jagdgesetz würde man sich sogar der Wilderei strafbar machen.

Unter das Jagdgesetz fallen: Rotwild, Rehwild, Wildschweine, Feldhasen und Wildkaninchen, sowie Füchse, Marder und Dachse.

Grundsätzlich gilt: Verletzte, hilflose oder kranke Wildtiere dürfen aufgenommen und gesund gepflegt werden, bei jagdbaren Arten muss aber zuvor der Jagdausübungsberechtigte gefragt werden! Die Tiere sind jedoch unverzüglich freizulassen, sobald diese sich wieder selbstständig erhalten können. Das ist aber bei Wildschweinen in der Regel nicht mehr möglich.

Aus Sicht der Tiere ist das Mitnehmen ebenfalls keine so gute Entscheidung, denn dadurch werden sie ihres natürlichen Lebensraumes beraubt. Und das schafft nicht nur Stress für die Tiere, sondern kann auch eine Abhängigkeit vom Menschen schaffen, die nicht gewollt und oft nicht rückgängig zu machen ist.

Wenn sicher ist, dass der Frischling Hilfe braucht, weil er auch nach einem Beobachtungstag seine Mutter nicht zurückgekehrt ist, oder es wurde ein totes Wildschwein (Bitte nicht anfassen! Seuchengefahr!) entdeckt, dann das zuständige Forstamt bzw. den Jagdpächter kontaktieren. Mögliche Ansprechpartner sind auch Tierheime und Wildauffangstationen.

Die Pflege von jungen, aber auch kranken oder verletzten Wildtieren sollte man unbedingt den Profis überlassen oder in Abstimmung und unter Anleitung einer sachkundigen Person durchführen. Zu groß ist die Gefahr, durch falsche Pflege oder Fütterung Fehler zu machen. Zudem wird nur allzu oft die Ansteckungsgefahr bei kranken Tieren übersehen.

 

 

Erste Hilfe für den Frischling

Frischlinge

Wenn unter den o.g. Bedingungen es geboten ist, einen Frischling mitzunehmen und der Jagdpächter nicht sofort erreichbar ist, können für die Zwischenzeit folgende Maßnahmen getroffen werden:

Tipp 1 – Wärme
Meist werden die Frischlinge in einem sehr geschwächten Zustand aufgefunden. Ein Grund hierfür kann eine Unterkühlung sein. Frischlinge können in den ersten Lebenswochen ihre Körpertemperatur nicht allein regulieren und sind auf die Wärme ihrer Mutter und ihrer Geschwister angewiesen. Verliert der Frischling den Kontakt zu seiner Mutter und den Geschwistern über einen längeren Zeitraum, unterkühlt er sehr schnell. Die Folge ist, dass er träge und müde wird. Sein Kreislauf fährt regelrecht herunter. Findet die Bache den Frischling nicht rechtzeitig, so wird dieser einschlafen, bzw. das Bewusstsein verlieren, was aller Wahrscheinlichkeit nach dann seinen Tod zur Folge hat. Eine frostige Nacht kann ein Frischling alleine nicht überleben.
Daher ist ein warmer Platz die erste Hilfsmaßnahme für das kleine Findelkind und man wird beobachten können, wie er langsam wieder aktiver wird. Geeignet sind dafür eine Decke mit untergelegter Wärmflasche, oder eine Wärmelampe.

Tipp 2 – Futter
Die zweite Maßnahme wäre geeignetes Futter, denn Hunger wird das kleine Findelkind auf alle Fälle haben. Eine Bache säugt die kleinen Frischlinge anfangs im Rhythmus von 45 bis 60 Minuten. Diesen Rhythmus sollte man beibehalten.
Für den Frischling ideal wäre Ferkelaufzuchtsmilch.

Diese ist in ländlichen Regionen im Fachhandel zu bekommen, ggf. online danach suchen. 

Zwar wurden schon Frischlinge mit Welpenmilch o.ä. aufgezogen, jedoch muss der Fettgehalt der Milch beachtet werden. Ist sie zu fett, so führt es zu Durchfall beim Frischling, welcher ihn zusätzlich schwächen würde. Alternativ kann bei fortgeschrittenem Alter (menschliche) Babynahrung versucht werden, wobei man hierbei darauf achten sollte, dass nur für Schweine verträgliche Zutaten enthalten sind.
Frischlinge fangen recht früh an, feste Kost zu fressen.

Tipp 3 – Was tun, wenn der Frischling größer wird?
Die Tiere sind zwar putzig, lieb und goldig und werden auch schnell sehr zutraulich, aber sie gehören definitiv nicht in Badezimmer, Küchen oder kleine Gärten! Genau sowenig, wie unsere Hausschweine.
Man sollte zunächst abwägen, ob man den kleinen Frischling unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen behalten oder lieber in geeignete Hände weitergeben möchte. Dies ist mit dem zuständigen Jäger, Forstamt und Gemeinde bzw. Veterinäramt abzustimmen.

Sollen männliche Wildschweine in ein Wildgehege umgesiedelt werden, nicht direkt kastrieren lassen, denn oft ist es so, dass die jungen Keiler dort eine willkommene “Blutauffrischung” darstellen. Ist der Keiler erst einmal kastriert, so ist ihm diese Zukunft so gut wie verbaut. Dies ist ebenfalls mit der zuständigen Person des aufnehmenden Wildgeheges abzuklären.

In den meisten Wildparks ist es auch möglich, dem lieb gewonnenen Frischling ein artgemäßes Leben auf Lebenszeit zu ermöglichen, indem man für dieses Tier eine Patenschaft samt Schutzvertrag übernimmt.

Eine Auswilderung ist bei einem an den Menschen gewöhnten Wildschwein nicht mehr möglich.

Wildschweine im Wildpark

Ein Umzug in ein Wildgehege geschieht allerdings erst, wenn die Tiere alt genug sind, um sich in der neuen Rotte behaupten zu können, denn ohne “Reibereien” wird dieser Umzug nicht vonstattengehen.

Im Alter von ca. 4-6 Monaten kommen die Findelkinder in sogenannte Eingewöhnungsgatter.
Dort verbleiben sie einige Monate, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Erst dann kommt der Rottenanschluß im Hauptgatter.
Wie bei allen Schweinerassen herrschen raue Sitten, was einen Fremdling anbelangt.
Dies sieht meist schlimmer aus, als es ist und nach ein paar Wochen hat sich der “Eindringling” eingewöhnt und wird von der Rotte toleriert und später auch akzeptiert.

Versuchen Sie bitte nicht diese Findelkinder auf Dauer zu behalten, wenn sie nicht wirklich eine artgerechte Haltung ermöglichen können, denn Probleme sind dann vorprogrammiert.

Spätestens dann, wenn das Tier größer wird! Natürlich gibt es positive Beispiele, wo ein Frischling aufgefunden wurde und seitdem auf einem Bauernhof oder ähnlichem lebt, aber das sind die Ausnahmen, dass jemand die Haltungsbedingungen erfüllen kann bzw. die Erlaubnis genehmigt bekommt.
Keiler bergen mit zunehmendem Alter eine besondere Gefahr!
Diese Gefahr beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem sich die sogenannten Hauer ausbilden. Diese messerscharfen Werkzeuge des Keilers sollte man nicht unterschätzen, denn schnell sind bei einem Schubser, mal Hose oder Bein aufgeschlitzt.
Das Tier hat keineswegs böse Absichten, denn solche “Schubsereien” sind ganz normale Verhaltensweisen eines Keilers.
Der Keiler ist also nicht böse, wild und unberechenbar, sondern er ist einfach nur Keiler, so wie die Natur ihn vorgesehen hat!
Hinzu kommt noch die Tatsache, dass Keiler ab einem Alter von etwa 4 bis 5 Jahren zu Einzelgängern und daher etwas “eigensinnig” werden können.

Bachen sind da “pflegeleichter”. Doch in der Rauschezeit, kann das anders sein.
Was noch dagegen spricht wäre, auch bei ausreichendem Platz, die Einzelhaltung. Alle Schweine sind Rottentiere, die den Anschluss zu ihren Artgenossen brauchen, um ein Leben auf schweinische Art zu führen.

Weitere Themen

 

Wildschweine - Allgemeines

Wildschweine gehören zu den anpassungsfähigsten Wildtieren. Leider sind sie, wie unsere Hausschweine, in der Gesellschaft mit vielen Vorurteilen behaftet. Aber sind diese Vorurteile gerechtfertigt? Weiterlesen …

Wildschwein - Steckbrief

Alle wichtigen Daten über das europäische Wildschwein zusammengefasst. Weiterlesen …

Fortpflanzung

Wir schauen uns das Liebesleben der Wildschweine an. Weiterlesen …

Sozialverhalten

“Du benimmst Dich wie eine wilde Sau oder eine wilde Wutz”. Da schauen wir doch mal genauer hin. Die Sozialstrukturen der Wildschweine und ihre Lebensweise. Weiterlesen …

Ernährung

Das Schwein lebt nicht vom Brot allein und das Wildschwein schon gar nicht. Der vielfältige Speiseplan der Wildschweine. Weiterlesen …

Wildschweine - die Gärtner der Wälder oder eher eine Plage?

Wenn es keine Wildschweine in unseren Wäldern geben würde, müsste man sie erfinden. Wildschweine sind ein wichtiger Bestandteil des Waldes und keine Plage. Weiterlesen …

Wildschweine - Richtiges Verhalten bei Wildschweinbegegnungen

Auge in Auge mit dem Wildschwein. Wie verhält man sich bei einer Wildschweinbegegnung? Weiterlesen …

Wildschweine - Schutz vor Wildschweinen

Wildschweine und Menschen müssen lernen, miteinander zu leben. Wir stellen Möglichkeiten zum Schutz vor Wildschweinen vor. Weiterlesen …

Wildschweine in Wildparks

Sind Wildparks / Wildgehege die einzigen verbleibenden Lebensräume der Wildschweine? Wie leben Wildschweine in diesen Gehegen? Weiterlesen …

Wildschweinjagd - Eine veraltete Tradition

Die Bejagung von Wildschweinen (und anderen Wildtieren) wird heftig diskutiert. Was das bedeutet, welche Argumente für und gegen die Wildschweinjagd bzw. im Allgemeinen angeführt werden. Und welche Position wir einnehmen, haben wir hier dargestellt. Weiterlesen …

Wildschweine und die Schweinepest

Nicht nur die europäische Schweinepest bedroht die Wildschweinepopulation. Seit Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest werden Wildschweine erbarmungslos bejagt. Wir klären über die Schweinepest auf: Welche Gefahren gibt es? Verursacher. Jagd. Lösungsansätze. Weiterlesen …