Das Wildschwein

Bache mit Frischlingen

Fortpflanzung

Die Paarungszeit der Wildschweine – Rauschezeit

Die Paarungszeit der Wildschweine nennt man Rausche oder Rauschezeit. Sie ist abhängig von äußeren Faktoren wie Umwelt, Klima und Nahrungsangebot.

Die Bachen bestimmen selbst, wann sie paarungsbereit sind. Die Leitbache wird als erste rauschig und in einer funktionierenden Rotte, passen sich die anderen Bachen an. Das nennt man Rauschesynchronität und dauert 6 – 8 Tage. In dieser Zeit können die Bachen mehrfach vom dominierenden Keiler gedeckt oder wie es in der Jägersprache heißt: beschlagen werden.

Vor allem in der Zeit von Oktober bis Januar und ganz besonders im November und Dezember werben die männlichen Wildschweine, die Keiler, um ihre Herzensdame. Die Keiler produzieren einen schaumartigen Speichel durch kräftiges Kauen. Mit diesem Schaumkauen, oder auch Schaumschlagen genannt, möchte er den Damen der Wildschweinwelt imponieren und markiert mit diesem Duftstoff enthaltenen Schaum das Revier. Und falls sich ein fremder Keiler nähert, wird der Rivale im Zweikampf herausgefordert und in die Flucht geschlagen. Außerhalb der Paarungszeit durchstreifen die Keiler als Einzelgänger ihr Revier.

Heutzutage hat sich das Rauschverhalten der Bachen aufgrund des Nahrungsangebotes durch den sich weiter ausbreitenden, landwirtschaftlichen Anbau von Mais, Weizen, Gerste etc. dahingehend geändert, dass sie fast das ganze Jahr über rauschen. Auch eine vermehrte Jagd, sorgt dafür, dass sich die Wildschweine schneller vermehren. Nicht zuletzt ist die Zerstörung des Lebensraumes und das Vordringen der Menschen für deren Städte-Erweiterung ein Grund dafür, dass sich die Wildschweine neue Nahrungsquellen erschließen und so gute Bedingungen für die Aufzucht ihrer Frischlinge vorfinden.

 

Kämpfende Wildschweine

2 kämpfende Wildschweine

Kessel01

Die Kinderstube der Frischlinge – der Wurfkessel

Unsere Hausschweine werden alle 3 Wochen rauschig. Dies ist angezüchtet, um für die Fleischproduktion so viel wie möglich an Jungtieren zu produzieren – auf Kosten des Muttertieres. 

Bache mit Frischlingen

Säugende Bache

Frischling 3 Wochen alt

3 Wochen alter Frischling

Die Kinderstube der Wildschweine

 Nach einer Tragzeit von 114 bis 115 Tagen, also 3 Monate, 3 Wochen und 3 Tage, kommen die Wildschweinkinder, die Frischlinge zur Welt. In der Regel ist es der Zeitraum zwischen Januar und April.

Die Bache zieht sich zur Geburt ihrer Frischlinge in ein überdimensional anmutendes Vogelnest, dem sogenannten Wurfkessel, zurück. Dieser ist besonders komfortabel. Da oftmals in den kalten Wintermonaten die kleinen Frischlinge das Licht der Welt erblicken, muss dieser Kessel bestmöglichen Schutz gegen Kälte, Eis und Schnee bieten.
Da alle Schweine einen warmen und trockenen Platz bevorzugen, befindet sich dieser Kessel an einer verborgenen Stelle im Dickicht. Als Polstermaterialien werden hier Blätter, Gras, Moos und allerlei Geäst zu Ausstaffierung eingebracht und wenn die Sonne etwas hinscheint, ist der Platz auf wildschweinische Art perfekt.

Die Muttersau verbringt ca. 2 Wochen mit ihren Frischlingen im Wurfkessel.

Jede Bache bringt 2 – 8 (selten mehr) Frischlinge zur Welt. Ganz wichtig für neugeborene Schweine ist die sogenannte Kolostralmilch. Das Muttertier liefert diese nur an den ersten Tagen, oft auch nur am ersten Tag, nach der Geburt. Diese besondere Muttermilch dient zur Stärkung und zum Aufbau des Immunsystems. Bekommt das Neugeborene diese Milch aus irgend einem Grunde nicht, so gehen seine Überlebenschancen gegen null.

Manchen wundert es, dass Frischlinge aus dem gleichen Wurf unterschiedlich groß sind. Das hat etwas mit der Saugreihenfolge zu tun. Die 10 Zitzen der Bachen geben von vorn nach hinten mehr Milch. So sind die hinteren Plätze die begehrtesten. Bei Wildschweinen ist dies also genau umgekehrt wie bei Hausschweinen.

Unter den Frischlingen bildet sich schnell eine Rangordnung aus, sodass der stärkste Frischling an den begehrtesten Platz kann und somit auch die meiste Milch bekommt. Diese Saugreihenfolge wird ab der ungefähr vierten Lebenswoche hinfällig – nun ist jede Zitze für jeden da. Ein weiterer Grund für unterschiedliche Größen ist die Tatsache, dass nicht alle Frischlinge innerhalb der Rotte am gleichen Tag geboren werden. Dies führt ebenfalls zu unterschiedlichen Körpergrößen der Frischlinge in der Rotte.

Besonders auffällig ist das wunderschön gestreifte Borstenkleid der jungen Wildschweine. Die Streifen imitieren das Sonnenlicht auf dem Waldboden, sodass die Frischlinge hervorragend vor Blicken von Feinden geschützt sind. Im Alter von ca. 4 – 6 Monaten verlieren sie diese Tarnfarbe und bekommen das typische dunkle Wildschweinborstenkleid.

Nach den ersten zwei Wochen allein mit ihrem Nachwuchs kehrt die Bache zur Rotte zurück. Wenn der erste Kontakt der neu geborenen Frischlinge mit der übrigen Rotte ansteht, werden die Bachen unruhig. Der Nachwuchs muss sich jetzt erst einmal kennenlernen.
Die kleinen Wildschweine sind dabei nicht gerade zimperlich und es gibt Rangeleien, welche man den kleinen und possierlichen Wildschweinekindern gar nicht zutrauen mag. Bald hat sich die Aufregung gelegt und es kehrt wieder Ruhe innerhalb der Rotte ein.

Die Bache säugt ihre Jungen 3 bis 4 Monate lang, obwohl sie schon mit 2 Wochen beginnen, feste Nahrung zu sich zu nehmen.

 

Bei unseren Hausschweinen haben die Zuchtsauen keine Gelegenheit, sich um ihren Nachwuchs so intensiv zu kümmern. Sie leben in Kastenständen eingesperrt und nach bereits 3 bis 4 Wochen (!) werden die Ferkel von der Sau getrennt.

Wildschwein Frischlinge
Wildschweinfrischlinge

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