Warum gibt es Minischweine überhaupt?

Der Begriff Minischwein bezeichnet ein Schwein, was kleiner ist, als ein Schwein, was üblicherweise in Zucht- und Mastanlagen gehalten wird. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu den Großschweinen, die bis zu 500 kg schwer werden können, ein Minischwein ein Gewicht von bis zu 120 kg erreichen kann. Und das ist schon die Größe eines ausgewachsenen Rottweilers – von wegen Mini.
Die Bezeichnungen “Teacup, Micro, Nano, Dandie, Pocket, Apartement oder Pixie”-Schwein ist nur eine Art Markenzeichen und keine eigenständige Rasse. Kein ausgewachsenes Schwein passt in eine Teetasse!

Woher kommen Minischweine denn nun?

Schauen wir mal in die Natur, es gibt nur eine wildlebende, nicht von Menschenhand gezüchtete Schweineart, die extrem klein ist (Gewicht 6,6 – 11,8 kg): das Zwergwildschwein (Porcula salvania – Sus salvania) aus dem nördlichen Südasien. Ursprüngliches Verbreitungsgebiet umfasste das nordöstliche Indien sowie das südliche Nepal und Bhutan. Das Zwergwildschwein ist eine vor dem Aussterben stark bedrohte Schweineart.

Die Minischweine, die wir heute als Heimtiere halten, stammen aber nicht von dem Zwergwildschwein ab, sondern sind durch den Menschen anhand der Verpaarungen und Selektion unterschiedlicher Schweinearten entstanden.

Die Notwendigkeit kleine Schweine zu züchten, die, im Vergleich zu den Großschweinen, nicht viel Fleisch für die Ernährung der Menschen bieten, entstand aufgrund der Entwicklung und Durchführung von Tierversuchen für meist medizinische Zwecke. Schweine sind hinsichtlich Körperbau und Organfunktionen angeblich dem Menschen sehr ähnlich und eignen sich somit als Versuchstiere. Bevor es Minischweine gab, wurden und werden, teilweise heute noch, Großschweine für Experimente eingesetzt.

Ein ausgewachsenes 300 kg Schwein für den Tierversuch vorzubereiten, die Tiere zu versorgen, den Platz bereit zustellen und die Mehrkosten bei Medikamentengabe einer höheren Dosierung aufgrund des Körpergewichtes, die Nachsorge und vermehrte Mitarbeiterzahl, ist für die Forschungslabore nicht praktikabel und rentabel. Außerdem wachsen Großschweine zu schnell, dafür sind sie ja gezüchtet worden, sodass die Labore für Versuchsreihen immer neue Jungtiere benötigen und Langzeitstudien dadurch erschwert würden.

Minischweine gehören mit zu den Versuchstieren

Für die Forschung gezüchtet

Seit Anfang der 50er Jahre gab es Bemühungen in Deutschland, den USA, Russia, Japan, Taïwan, Germany, Czech Republic und Australien, verstärkt eine kleine, handliche Zuchtlinie von Schweinen zu züchten. Sie mussten die Anforderungen der Versuchslabore für ein im Unterhalt kostengünstiges Versuchstier, mit einheitlichen und wiederholbaren Versuchsergebnissen, mit nahezu identischen Genetik, gerecht werden. Hinzukommt, dass innerhalb kurzer Zeit viele Nachkommen erzeugt werden sollen und somit immer genug Nachschub an “Tiermaterial” vorhanden ist.

Heutzutage gibt es Minischweinezüchter, die sich nur auf die Zuchtlinie für Laborschweine spezialisiert haben und diese Sorge den Forschungslaboren annimmt. Z. B. das sehr junge Aachener Minischwein wird von der Universität in Kooperation mit einem Minischweinezüchter für Versuchszwecke gezüchtet.
Viele Labore, darunter auch die Universität in Göttingen, züchten ihre Göttinger Minischweine in einer geschlossenen Population.

Die Entwicklung und Zucht der Minischweine in den Laboren begann in den USA.

1949 wurden in den USA am Hormel Institut der Universität von Minnesota aus 4 amerikanischen Schweinearten ein klein bleibendes Schwein gezüchtet. Wenn man es genau nimmt, entstand das Minischwein von 4 Ebern und 11 Sauen ab (lt. Dettmers and Rempel 1968). Es wurden 4 Guinea Hogs-Sauen mit einem Wildschweineber von den Catalina Inseln gekreuzt. 1957 kamen die Piney Woods (verwilderte Schweine aus den Sümpfen Floridas) und das Ras-n-lansa oder auch Guam Schwein von der im westpazifik gelegenen Insel Guam, um die Größe weiter zu reduzieren. Durch Zuchtauslese auf die kleinsten Nachkommen, entstand eine kleine Schweinerasse – das Minnesota-Minipig. Um eine hellhäutige Schweine für dermatologische Versuche zur Hand zu haben, wurde 1963 ein Yorkshire Eber eingekreuzt. Daraus entstanden weitere Minischweine, wie das Sinclair, mit dem Minnesota häufig gleich gesetzt wird.
Erwähnenswert ist, dass 2 der ursprünglichen Schweinearten des Minnesota von Inseln stammen. Inselverzwergung ist ein evolutionsbiologisches Phänomen, bei dem die Körpergröße von Tierarten, die auf einer Insel ohne Fressfeinde oder menschliche Eingriffe leben, über Generationen hinweg deutlich abnimmt. Erste Forschungsarbeiten zur Inselverzwergung stammen von dem kanadischen Biologen J. Bristol Foster.(Quelle Wikipedia)

In den USA sind das:
1949 Sinclair (Minnesota), 1958 Hanford und Hormel-Hanford, 1969 Pitman-Moore, 1970 NIH, 1972 Yucatan und Micro Yucatan, 1990 Panepinto und durch Import das Göttinger Minischwein.

In Deutschland entstanden
1960 das Göttinger Minischwein, 1993 das Münchener Miniaturschwein (Troll) und das Mini-Lewe aus der ehemaligen DDR stammend,

In Tschechien entstand das
1980 Czech Minischwein und in Ungarn das Pannon Minipig,

In Asian wurden
1945 das Ohmini, 1960 das Vietnamesische Hängebauchschwein, 1974 das Lee-Sung, 1976 das Westran und 1978 das Clawn gezüchtet.

Unsere heutigen in Privathand gehaltenen Minischweine sind in der Regel Mixe aus dem Minnesota, Göttinger Minischwein und vietnamesischen Hängebauchschwein, tragen aber ebenso Gene von Großschweinen wie z. B. der Landrassen, Hampshire, Duroc, Sattelschweine, Manchurian Chinese pig sowie Wildschweinen aus Europa und Asien.

Das Göttinger Minischweine z. B. gibt es in zwei Zuchtlinien, die bekannte rein weiße (durch das Einkreuzen der Deutschen Landrasse) und eine bunte, gescheckte Variante (Minnesota und Hängebauchschwein).

Wir stellen die einzelnen (Labor-)Schweinerassen bzw. Zuchtlinien in späteren Beiträgen vor.